Mit Jugendlichen über Gewalt in der Partnerschaft reden – Schulen sind dafür ein wichtiger Ort!

Foto: Sascha Kohlmann, CC BY-SA 3.0
Foto: Sascha Kohlmann, CC BY-SA 3.0

Sollte man mit Jugendlichen schon in der Schule über Gewalt in der Partnerschaft reden? Ist das in dem Alter überhaupt schon Thema? Wir und die Jugendlichen meinen ja. Nach jedem Unterrichtsbesuch, bin ich überzeugt, dass es der richtige Weg ist. Die Gespräche über die Schattenseiten in einer Beziehung eröffnen den Mädchen und Jungen neue Möglichkeiten. Neue Möglichkeiten, um erste Liebesbeziehungen selbst zu gestalten und selbstbewusster anzugehen.

Gewalt wiederholt sich

In unseren Einrichtungen besuchen uns immer wieder Frauen und Mädchen, die von Gewalt in der Partnerschaft erzählen. Wir hören Ihnen zu, versuchen zu unterstützen und mit ihnen neue Wege aus der Misere zu finden. Immer wieder ähneln sich die Geschichten.

„Gewalt ist gar nicht passiert. Geschubst hat er mich mal, ja. Angeschrien hat er mich auch. Er will immer wissen wo ich hingehe, was ich tue und mit wem ich mich treffe. Aber Gewalt, nein, ist nicht passiert.“

„Mein Partner/meine Partnerin hat zwei Gesichter. Die liebevolle, fürsorgliche und unterstützende Seite, aber auch die wütende, aggressive und gewalttätige Seite. Diese beiden Gesichter machen es schwer eine Entscheidung zu treffen. Bleibe ich mit meinem Freund/meiner Freundin zusammen oder trenne ich mich? Ich liebe ihn, Ich liebe sie, aber die Gewalt will ich nicht.“

Vorstellungen von guten und schlechten Beziehungen

Diese und andere wiederkehrende Geschichten bewegen uns, mit jungen Leuten ins Gespräch zu kommen. Wir sprechen über deren Vorstellungen von guten und schlechten Beziehungen. Wir reden über das was ein Streit ist und wo die Grenzen sind. „Ist es erlaubt, wenn mein Freund oder meine Freundin einfach meine Nachrichten im Handy liest?“- „Ja klar.“ – „Nein das ist Privatsache.“ Spannende Diskussionen, die wir mit Jugendlichen führen. Wir möchten zum Nachdenken anregen. Das Schweigen über Gewalt brechen ist uns ein Anliegen. Andere Wege möchten wir aufzeigen, statt stillem Aushalten, bis gar nichts mehr geht.

Partnerschaft ohne Gewalt leben

Viele Mädchen sagen: „Wenn mein Freund oder meine Freundin mir meine Freundinnen verbietet oder sie beleidigt, mache ich Schluss – das geht gar nicht“. Aber wieso bleiben viele Frauen in Beziehungen bis alle Freunde weg sind, Familienmitglieder nicht mehr besucht werden und der Partner oder die Partnerin die einzige Sicherheit ist? Die Sicherheit, die auch mal ihr zweites Gesicht zeigen kann. Machen die Jugendlichen es anders als wir Erwachsenen? Oder haben Sie mehr die Chance über das zu reden was sie denken, was sie fühlen und was sie bewegt? Einige junge Menschen haben bereits Gewalt in anderen Beziehungen mitangesehen oder selbst erlebt. Erfahrungen über die in der Öffentlichkeit nicht geredet wird, weil sie beschämend sein können. Und dennoch treffen wir auch immer wieder auf junge Menschen, die über Gewalterfahrungen berichten. Diese Jugendlichen möchten Partnerschaft anders leben, ohne Gewalt.

In den Schulen erreichen wir die Jugendlichen

Hier können wir mit Ihnen über Ihre Vorstellungen, Wünsche und Ängste in partnerschaftlichen Beziehungen sprechen. Diese Gespräche sind für uns sehr wertvoll. Wir haben den Eindruck, dass dadurch neue Perspektiven im Hinblick auf das Erleben von partnerschaftlichen Grenzverletzungen eröffnet werden. Sowohl die Jungen als auch die Mädchen, werden angeregt ihre Meinung über gewalttätiges Handeln in Frage zu stellen. Die eigenen Wünsche in der Partnerschaft können wieder mehr wahrgenommen werden und rücken in den Vordergrund. Diese neuen Sichtweisen können zu mehr Handlungsfähigkeit in ausweglos erscheinenden Situationen beitragen.

Unterstützung für Jugendliche, Eltern und Fachkräfte

Auch zukünftig möchten wir diesen Weg verfolgen und mit Jugendlichen über Ihre Gedanken, Gefühle und Ideen zu guten und schlechten Beziehungen reden und sie ernst nehmen. Wir denken, dass ist eine gute Chance, um Jugendlichen den Blick für andere Möglichkeiten zu eröffnen. Gewalt kann schon in Teenagerbeziehungen erlebt werden und im schlechtesten Fall weiter fortgeführt werden bis weit in das Erwachsenenalter. Unser Anliegen ist es, hier präventiv tätig zu sein. Mit unserer Unterrichtseinheit „Gewalt in Teenagerbeziehungen“ und unseren Beratungen bei Häuslicher Gewalt, möchten wir hier Jugendliche, Eltern, Lehrkräfte und andere Fachkräfte unterstützen. Gewaltvorfälle von denen junge Menschen und Erwachsene erfahren, können zu Ratlosigkeit und hoher Belastung führen. Wie kann ich mein Kind da rausholen? Was soll ich der Schülerin noch sagen? Wie bereite ich meine Klasse auf eine gute Partnerschaft vor? Wir möchten dabei helfen, diese und andere Fragen zu klären und neue Möglichkeiten für die Jugendlichen und sich selbst zu entwickeln.

Haben Sie Fragen zu dem Thema, den Beratungen oder zur Unterrichtseinheit? Gerne können Sie sich hier an uns wenden.

Über Silvia Lücke

Diplom-Pädagogin, Mitarbeiterin der Beratungsstelle für Frauen und Mädchen in Diepholz, Weiterbildung in systemischer Therapie und Beratung, Gebärdensprachkenntnisse, Weiterbildung in Traumatherapie, Systemische Supervisorin (SG)